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Teufelskreis Essstörungen

Ein gesunder Mensch isst, wenn er Hunger hat, und hört auf, sobald er satt ist. Eine Essstörung verändert diesen Rhythmus, bis sich bei den Betroffenen alles nur noch um die nächste Mahlzeit dreht. Zu den klassischen Essstörungen gehören Magersucht, Bulimie und die Binge-Eating-Störung.

Was sind Essstörungen?

Bei einer Essstörung verlieren Menschen die Kontrolle über ihr Essverhalten. Dabei handelt es sich um ein vielschichtiges Krankheitsbild, das meist nicht nur eine einzige Ursache hat, sich aber in Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper äußert. Essstörungen haben einen schleichenden Verlauf, in dem sich die Betroffenen selbst immer strengen Essregeln unterwerfen und Strategien entwickeln, ihr Verhalten vor ihrer Umgebung zu verheimlichen. Dabei glauben sie, alles im Griff zu haben, doch sie stecken bereits tief in einem Teufelskreis fest.

Wie viele Menschen in Deutschland an einer Essstörung leiden, ist unklar. Nicht immer wird sie schnell erkannt und als solche diagnostiziert – die Dunkelziffer ist also sehr hoch. Außerdem schwanken die Zahlen sehr stark, da in den Studien verschiedene Personengruppen und Zeiträume betrachtet werden. Bei den Kindern im Alter von 11 bis 17 Jahren, die in den Jahren 2014 bis 2017 im Rahmen der KiGGS-Studie befragt wurden, haben fast 20 Prozent Anzeichen einer Essstörung gezeigt. Unter den 11-Jährigen sind etwa gleich viel Mädchen wie Jungen betroffen; mit zunehmendem Alter steigt jedoch die Zahl der gefährdeten Mädchen, während sie bei den Jungen sinkt.

Welche Formen von Essstörungen gibt es?

Die deutsche Leitlinie zur Diagnostik und Behandlung von Essstörungen unterscheidet drei Hauptformen von Essstörungen.

Bulimia nervosa (Bulimie; Ess-Brech-Sucht)

Menschen mit einer Bulimie haben immer wiederkehrende Essanfälle, bei denen sie ungewöhnlich große Mengen an Nahrung verschlingen und so viele Tausend Kalorien zuführen. Aus Angst vor einer Gewichtszunahme ergreifen sie anschließend Gegenmaßnahmen, indem sie sich zum Beispiel erbrechen oder hungern. Manche treiben zusätzlich übermäßig viel Sport oder nutzen Medikamente wie Appetitzügler, Abführmittel oder entwässernde Stoffe. Eine Bulimie wird daher im Volksmund auch Ess-Brech-Sucht genannt.

Binge-Eating

Die Binge-Eating-Störung ist die häufigste Essstörung in Deutschland. Betroffene haben Essattacken (engl. „binge“ für Gelage), in denen sie nicht aufhören können zu essen. Im Unterschied zu Bulimikern versuchen sie jedoch nicht, der hohen Kalorienaufnahme durch Erbrechen, Hungern oder Sport gegenzusteuern. Sie nehmen deshalb stark an Gewicht zu.

Anorexia nervosa (Magersucht)

Menschen mit einer Magersucht leiden unter der ständigen Angst, zuzunehmen, und schränken ihre Kalorienzufuhr deshalb sehr stark ein. Typisch ist nämlich eine verzerrte Wahrnehmung des eigenen Körpers: Betroffene finden sich zu dick, obwohl sie schlank oder sogar untergewichtig sind. Einstieg in die Magersucht ist deshalb oft eine Diät, die nie beendet wird. Viele treiben zusätzlich übermäßig viel Sport oder nutzen Medikamente wie Appetitzügler, Abführmittel oder entwässernde Stoffe. Nach den klinischen Diagnoserichtlinien gilt bei Erwachsenen ein Body-Mass-Index (BMI) von unter 17,5 als Magersucht-Anzeichen. Da der BMI nicht auf Kinder und Jugendliche übertragen wird, werden für sie andere Kriterien herangezogen.

Weitere Essstörungen

Zudem gibt es weitere Essverhalten, die zwar nicht die Kriterien einer klassischen Essstörung erfüllen, aber trotzdem mit einer belastenden Fixierung auf Gewicht und Figur und Schwierigkeiten im Umgang mit Lebensmitteln einhergehen. Dazu zählen zum Beispiel:

  • Orthorexia nervosa, der Zwang zu gesundem Essen,
  • Pica-Syndrom, der Zwang, Dinge zu essen, die keine Lebensmittel sind,
  • Night-Eating-Syndrom, der Zwang, nachts aufzuwachen und noch essen zu müssen.

Welche Folgen haben unbehandelte Essstörungen?

Eine Essstörung ist eine therapiebedürftige Krankheit, denn sie hinterlässt Spuren an Körper und Seele. Die Folgen hängen von der Art der Essstörung ab.

Bei einer Magersucht wird der Körper nicht ausreichend mit Energie, Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen versorgt. Die Betroffenen nehmen deshalb stark ab, sind müde, weniger leistungsfähig und frieren. Nach und nach bringt der Mangel an Elektrolyten den gesamten Stoffwechsel durcheinander: Es kommt zu Herzrhythmusstörungen, abnehmender Knochendichte, Haut und Haare verändern sich. Bei Mädchen und Frauen bleibt die Periode aus, bei Jungen und Männern sinkt die Potenz.

Bei einem Binge-Eating-Syndrom nehmen die Betroffenen sehr schnell an Gewicht zu. Langfristige Folgen von Übergewicht und Adipositas sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Herzinfarkt, Diabetes mellitus Typ 2, Gelenkprobleme und ein erhöhtes Risiko für bestimmte Krebsarten.

Bulimikern und Bulimikerinnen hingegen sieht man ihre Erkrankung äußerlich zunächst nicht an. Nicht selten kommt der Verdacht bei einer zahnmedizinischen Routineuntersuchung auf, denn häufiges Erbrechen hinterlässt Spuren an Zähnen und Speiseröhre. Die unkontrollierte Einnahme von Medikamenten kann Verdauungsbeschwerden verursachen, langfristig kommt es auch bei einer Bulimie zu einem Nährstoffmangel.

Essstörungen können in schlimmen Fällen unbehandelt zum Tode führen. Laut dem Statistischen Bundesamt gingen im Jahr 2021 deutschlandweit 121 Todesfälle auf Essstörungen zurück.

Wie wird eine Essstörung diagnostiziert?

Phasen, in denen Menschen mal mehr, mal weniger Hunger haben, sind normal. Wenn sich die Gedanken allerdings permanent ums Essen drehen, Betroffene ihre Mahlzeiten entweder verweigern oder aber unkontrolliert verschlingen und sich im eigenen Körper nicht mehr wohlfühlen, kann dies auf eine Essstörung hindeuten. Viel zu oft können sich Betroffene ihre Erkrankung selbst nicht eingestehen, obwohl sie dringend Hilfe bräuchten. Umso wichtiger ist, dass das familiäre und soziale Umfeld sensibel für Anzeichen ist. Besondere Aufmerksamkeit benötigen Menschen mit niedrigem Körpergewicht oder starkem Gewichtsverlust, Menschen mit Übergewicht und/oder starker Gewichtszunahme, Menschen mit Zahnschäden sowie Frauen mit ausbleibender Regelblutung oder Unfruchtbarkeit. Eine Essstörung wird von einem Allgemeinmediziner oder einem psychologischen Facharzt diagnostiziert.

Diagnose von Essstörungen:

  • ausführliche Anamnese mit Schwerpunkt auf der Selbstwahrnehmung, dem Essverhalten und der Einnahme von Medikamenten
  • Messung von Größe und Gewicht und Berechnung des Body-Maß-Index
  • körperliche Untersuchung mit Blutdruck und Laboruntersuchung zur Messung des Elektrolyt- und Hormonstatus
  • Knochendichtemessung zur Diagnose einer Osteoporose
  • zahnärztliche Untersuchung zur Diagnose von säurebedingten Zahnschädigungen
  • frauenärztliche Untersuchung zur Diagnose einer ausbleibenden Periode und Unfruchtbarkeit

Wie wird eine Essstörung behandelt?

Eine Essstörung zu überwinden, ist schwer: Die Angst, sich wieder normal zu ernähren und sofort zuzunehmen, ist ein massives Hindernis für Betroffene. Außerdem ist die Essstörung mit all ihren Routinen ein Anker, der das Leben der Betroffenen vermeintlich stabilisiert. Die Behandlung zielt deshalb nicht nur darauf ab, ein gesundes Essverhalten zu trainieren und dauerhaft beizubehalten. Ebenso wichtig ist, eine positive Selbstwahrnehmung zu erreichen und krank machende Überzeugungen aufzulösen. All das kann im Rahmen einer psychotherapeutischen Behandlung geschaffen werden, aus der etwa die Hälfte der Betroffenen vollständig geheilt hervorgeht. Abhängig vom Schweregrad der Erkrankung verläuft die Therapie ambulant, in Tageskliniken oder stationär. Bei schwer magersüchtigen Patienten mit lebensbedrohlichem Gewichtsverlust ist ein längerer Klinikaufenthalt meist unumgänglich.

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