Dr. med. Katharina Larisch
Viele Krankheiten und Entwicklungsstörungen lassen sich durch Vorsorgeuntersuchungen frühzeitig erkennen und behandeln. In Deutschland sind deshalb bis zum fünften Lebensjahr zehn Untersuchungen (U1 bis U9) gesetzlich vorgeschrieben. Eine weitere Untersuchung die U10 oder J1 erfolgt nach dem zehnten Lebensjahr. Die Bestimmung von Gewicht und Größe sowie eine gründliche körperliche Untersuchung sind Bestandteil jeder Untersuchung.
In einem Heft werden alle Ergebnisse dokumentiert. Dieses Heft ermöglicht allen behandelnden Ärzten einen guten Überblick über die Entwicklungsdaten eines Kindes und Jugendlichen und sollte bei Arztbesuchen mitgebracht werden.
Von U1 bis U10 - Die Vorsorgeuntersuchungen im Überblick:
Die Erstuntersuchung (U1) findet direkt nach der Geburt statt. Es werden alle Körperfunktionen des Babys überprüft und der Reifezustand beurteilt. Die U1 liefert Anhaltspunkte, ob das Neugeborene dringend medizinische Hilfe benötigt. Daneben werden mehrere Messwerte erhoben:
Sie wird zwischen dem dritten und zehnten Lebenstag durchgeführt. Im Vordergrund steht der Check einzelner Organsysteme, der Neugeborenenreflexe und Bewegungen. Der Arzt überprüft die Haut auf Blau- oder Gelbverfärbung (Ikterus, sogenannte Neugeborenengelbsucht), den Kopf mit den Sinnesorganen, Herz, Lunge, Bauch und Geschlechtsorgane des Kindes. Das Abhorchen der Herztöne ist besonders wichtig, denn Herzgeräusche können auf einen Herzfehler hindeuten.
Aus der Ferse des Babys wird Blut entnommen. Damit lassen sich fünf seltene, aber schwerwiegende, angeborene Stoffwechselerkrankungen erkennen, z.B. eine Unterfunktion der Schilddrüse. Eine frühzeitige Diagnose und Therapie verhindert, dass Schäden entstehen.
Als Vorbeugung gegen Rachitis und Karies ist eine kombinierte Vitamin D-Fluorid-Tablette empfehlenswert.
Sie findet zwischen der vierten und fünften Lebenswoche statt. Der Arzt prüft, ob sich Ihr Kind altersgerecht bewegt, ob es z.B. in Bauchlage den Kopf zur Seite neigen oder in Rückenlage mit Blick und Kopf folgen kann. Außerdem werden erste Tests zum Seh- und Hörvermögen durchgeführt.
Mit einem Ultraschallgerät wird die Hüfte des Neugeborenen untersucht. Bis zu vier Prozent aller Neugeborenen weisen Störungen im Bereich der Hüftgelenke auf. Werden sie früh erkannt, sind sie gut behandelbar.
Ab dem zweiten Lebensmonat können und sollten Kinder geimpft werden. Lassen Sie sich über Nutzen und Nebenwirkungen von Schutzimpfungen aufklären. Der Impfstoff wird in einen Muskel gespritzt, in diesem Alter in den Oberschenkelmuskel.
Sie findet zwischen dem dritten und vierten Lebensmonat statt. Hier geht es darum, gezielt mögliche Koordinations- und Haltungsstörungen, die vom Gehirn ausgehen, aufzudecken. Dabei überprüft der Arzt die Kopfkontrolle, indem er das Kind an beiden Händen vom Liegen zum Sitzen hochzieht und testet, ob es den Kopf halten kann. Außerdem beobachtet er, ob das Kind in Bauchlage den Kopf frei halten kann. Es wird geprüft, ob Ihr Baby nach etwas greifen kann, Gegenständen oder Personen nachblickt, spontan lächelt und Laute formt.
Wenn nicht schon geschehen, sollten jetzt die ersten Schutzimpfungen verabreicht werden. Dabei sind Kombinationsimpfstoffe einsetzbar.
Sie findet zwischen dem sechsten und siebten Lebensmonat statt. Jetzt geht es vor allem um die Bewegungsmöglichkeiten und Geschicklichkeit Ihres Kindes. Die geistige Entwicklung lässt sich anhand verschiedener Reaktionen beobachten, z.B. anhand des Blickkontakts oder der Reaktionen auf verschiedene Geräusche. Getestet wird auch das Hörvermögen.
Ab einem Alter von sechs Monaten sollten Säuglinge von einem Augenarzt untersucht werden, wenn die Eltern fehlsichtig sind oder die Säuglinge zu früh geboren wurden. Zu diesem Zeitpunkt sind solche Störungen noch nicht stark ausgeprägt. Die Früherkennung und rechtzeitige Therapie kann bleibende Augenschäden verhindern. Wenn nicht schon vorher geschehen, wird bei dieser Untersuchung auch die dritte Impfdosis, gegebenenfalls eines Kombinationsimpfstoffes, verabreicht.
Sie findet zwischen dem zehnten und zwölften Lebensmonat statt. Besondere Aufmerksamkeit gilt den motorischen Fähigkeiten Ihres Kindes, z.B. Krabbeln, freies Sitzen, Hochziehen an Gegenständen, um zu stehen, und die ersten Gehversuche. Wichtig ist auch, wie sich die Sinne und Sprache Ihres Kindes entwickeln, ob es z.B. Silbenverdoppelungen (Dada) bildet und Sprachlaute imitiert.
Der Arzt beobachtet, wie das Kind mit Spielsachen umgeht; er prüft, ob es das Greifen mit Daumen und Zeigefinger beherrscht ("Pinzettengriff") und ob es Gegenstände untersucht (schüttelt, tastet, damit klopft, etc.). Spätestens bis zum Ende des ersten Lebensjahres sollte auch eine eingehende apparative Hörprüfung erfolgen.
Sie findet zwischen dem 21. und 24. Lebensmonat statt. Bei der körperlichen Untersuchung wird gezielt auf Fehlbildungen der Wirbelsäule, Beckenschiefstand, X- bzw. O-Beine oder Fehlstellung der Füße geachtet. Geprüft wird auch, ob Ihr Kind alleine gehen, rennen, sich bücken und wieder aufrichten kann (Motorik, Gang und Haltung).
Besonderes Augenmerk richtet sich auf die Entwicklung der Sinne. Der Arzt testet, ob Ihr Kind richtig sehen und hören kann (Reaktion auf eine Geräuschquelle). Er spricht Ihr Kind während der Untersuchung direkt an, um zu beurteilen, wie es spricht, wie es Gesprochenes versteht und ob es auf einfache Fragen reagiert. Jetzt wird auch noch einmal kontrolliert, ob das Kind alle wichtigen Impfungen erhalten hat. Fehlende Impfungen werden aufgefrischt.
Die im Juli 2008 neu eingeführte Untersuchung findet zwischen dem 34. und 36. Lebensmonat statt und schließt die Lücke zwischen U7 kurz vor dem zweiten Geburtstag und U8 im Alter von vier Jahren. Sie soll helfen, körperliche, psychische und emotionale Auffälligkeiten möglichst frühzeitig zu entdecken und zu behandeln.
Der Arzt wiegt das Kind, misst seine Körperlänge und untersucht es von Kopf bis Fuß. So kann er feststellen, ob Ihr Kind altersgemäß entwickelt ist. Geprüft wird auch, ob Ihr Kind Drei- bis Fünfwortsätze bilden kann, seinen eigenen Vornamen verwendet und Körperteile auf Befragen zeigen kann. Der Arzt wird Sie außerdem nach Verhaltensauffälligkeiten wie Schlafstörungen befragen. Darüber hinaus wird er das Sehvermögen Ihres Kindes untersuchen. Mit verschiedenen Tests kann der Kinderarzt feststellen, ob ein Kind schielt, oder ob es eine Brille braucht.
Sie findet zwischen dem 43. und 48. Monat statt. Das Kind ist jetzt dreieinhalb bis vier Jahre alt und hat in den letzten Monaten gewaltige Entwicklungsschritte durchlaufen. Der Arzt untersucht Ihr Kind von Kopf bis Fuß. Die Sehleistung wird anhand von Bildtafeln überprüft. Sprachentwicklung, Selbstständigkeit und Kontaktfreudigkeit sind weitere Prüfungspunkte. Der Arzt bespricht mit Ihnen Verhaltensauffälligkeiten wie z.B. Einnässen, Einkoten, Trotzanfälle, mangelnde Konzentrationsfähigkeit, Aggressivität, Durchschlafstörungen. Falls ihr Kind noch nicht bei einem Zahnarzt war, achtet der Kinderarzt besonders auf Karies und Zahnverfärbungen.
Sie findet im Alter von fünf bis fünfeinhalb Jahren statt (60.- 64. Lebensmonat) und ist die letzte Untersuchung, bevor Ihr Kind in die Schule kommt. Anhand verschiedener Tests werden Geschicklichkeit, Sprachvermögen sowie geistige und seelische Reife Ihres Kindes überprüft. Außerdem werden Körperhaltung, Fußstellung und Zähne genau kontrolliert. Der Arzt untersucht den Urin und misst den Blutdruck.
Sie findet zwischen dem 10. und 13. Lebensjahr statt, bevor Ihr Kind ins Jugendalter eintritt. Diese Untersuchung ist wichtig, wird aber von vielen Eltern leider nicht mehr wahrgenommen. Ihr Kind wird körperlich untersucht, der Urin kontrolliert und der Cholesterinwert im Blut bestimmt. Außerdem werden ein Hörtest und eine Blutdruckmessung durchgeführt. Jungen und Mädchen werden gegen Tetanus und Diphtherie geimpft (Auffrischimpfungen). Mädchen sollten sich auch noch gegen Röteln impfen lassen.
Der Arzt sollte außerdem mit dem Jugendlichen über wichtige Themen wie Sexualität, Sport, Ernährung sowie den Umgang mit Nikotin, Alkohol und anderen Drogen sprechen.
Datum: 23. Januar 2011
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