Beckenbodentraining zu Hause: So geht’s!

Lesezeit: 5 Minuten
Übungen zum Nachmachen
Lächelnde Frau auf einem Sofa

Viele wissen, dass der Beckenboden eine zentrale Funktion im Körper erfüllt – doch wie er das genau macht, bleibt häufig unklar. Solange keine Beschwerden auftreten, wird ihm häufig nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. In diesem Artikel erfahren Sie, was den Beckenboden ausmacht, warum gezieltes Training sinnvoll ist und mit welchen Übungen Sie seine Kraft und Stabilität fördern können.

Wozu ist Beckenbodentraining gut?

Der Beckenboden ist ein komplexes Zusammenspiel aus Knochen, Muskeln, Sehnen und Faszien sowie faszienähnlichen Strukturen. Er schließt den Bauchraum und die Beckenorgane von unten ab und ist an seinen Rändern nach oben gebogen. Als funktionelle Einheit stützt er die inneren Organe, sorgt für Stabilität im Rumpf und passt sich flexibel den Anforderungen des Alltags an, zum Beispiel beim Gehen, Tragen oder Husten. Damit übernimmt er eine zentrale Rolle für unsere Haltung, Kontinenz und unser körperliches Wohlbefinden.

Illustration Beckenboden

Erst wenn es zu Problemen wie Rückenschmerzen, Blasenschwäche oder einem Druckgefühl im Unterbauch kommt, wird deutlich, wie entscheidend ein gut trainierter Beckenboden für das körperliche Wohlbefinden ist. Durch gezielte Kräftigung können Sie die Funktion Ihres Beckenbodens verbessern und möglichen Beschwerden entgegenwirken.

Ist Beckenbodentraining für Männer und Frauen relevant?

Insbesondere Frauen sollten während beziehungsweise nach einer Schwangerschaft auf ihren Beckenboden achten, da dieser durch das zusätzliche Gewicht und die Dehnung des Bauches belastet wird. Doch Beckenbodentraining ist längst kein Thema mehr, das ausschließlich Frauen nach der Geburt betrifft. Tatsächlich profitiert nahezu jeder Mensch davon, unabhängig von Alter oder Geschlecht. Beispielsweise können auch Bewegungsmangel oder Übergewicht den Beckenboden schwächen. Ein starker Beckenboden unterstützt die Körperhaltung und bewahrt Sie vor möglichen Beschwerden.

So trainieren Sie Ihren Beckenboden

Die folgenden Übungen können Sie dabei unterstützen, Ihren Beckenboden zu stärken.

Bitte beachten Sie: Die Übungen sollen angenehm für Sie sein. Fordern Sie sich ruhig heraus, aber achten Sie darauf, dass Ihnen nichts wehtut. Sollten Sie wegen einer Erkrankung oder sonstiger Beschwerden in physiotherapeutischer oder ärztlicher Behandlung sein, ist es ratsam mit der behandelnden Person Rücksprache zu halten und sich einen Rat einzuholen über Dauer und Intensität der Übungen. Das gilt auch im Falle einer Schwangerschaft.

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Die Beckenbodenbrücke

Bei der Beckenbodenbrücke liegen Sie entspannt auf dem Rücken, die Füße stehen hüftbreit aufgestellt, die Arme sind locker seitlich am Körper. Beim Ausatmen aktivieren Sie bewusst den Beckenboden, indem Sie den Damm, den Bereich zwischen After und den Genitalien, nach innen und oben ziehen – mit dem Einatmen lassen Sie die Spannung wieder los. Nach einigen Wiederholungen beginnen Sie, jeweils mit der Ausatmung, Wirbel für Wirbel langsam anzuheben: zuerst den untersten, dann nach und nach mehr, bis eventuell der Bereich zwischen den Schulterblättern erreicht wird. Wichtig ist, gleichmäßig weiterzuatmen, die Spannung im Beckenboden möglichst zu halten und den Po locker zu lassen. So kräftigen Sie nicht nur gezielt die Tiefenmuskulatur, sondern fördern auch die Beweglichkeit der Wirbelsäule.

Beispiel der Beckenbodenbrücke

Beine an der Wand

Berühren Sie mit Ihren Fußsohlen eine Wand, sodass Knie und Hüfte etwa einen rechten Winkel bilden. Ihr Becken liegt dabei auf einem festen Kissen. Beim ruhigen Ausatmen aktivieren Sie den Beckenboden, indem Sie ihn sanft nach innen ziehen und das Becken ein kleines Stück anheben. Mit dem Einatmen senken Sie es wieder ab und entspannen. Nach und nach können Sie versuchen, das Becken etwas weiter anzuheben oder es oben zu halten, während Sie die Beckenbodenspannung bewusst halten und lösen. Drücken Sie abwechselnd sanft eine Ferse gegen die Wand, aktivieren dabei den Beckenboden und stellen sich vor, mit ihm kleine Schritte zu machen – ganz in Ihrem Tempo.
Sollten Sie Probleme im Bereich des Nackens, der Schulter oder der Halswirbelsäule haben oder schwanger sein, vermeiden Sie diese Übung.

Beispiel von Beine an der Wand

Langes Bein

Bei dieser Übung liegen Sie flach auf dem Bauch und legen die Hände unter die Stirn. Atmen Sie ruhig ein und beim Ausatmen auf ein lang gezogenes „Ch“ aus. Dabei aktivieren Sie sanft den Beckenboden und ziehen den Bauchnabel leicht nach innen. Wenn Sie bereit sind, spannen Sie gezielt den Afterschließmuskel an und strecken beim Ausatmen ein Bein lang nach hinten, heben es ein paar Zentimeter an und halten die Position über ein bis drei Atemzüge – das Becken bleibt dabei ruhig auf dem Boden. Danach legen Sie das Bein beim nächsten Ausatmen wieder ab, lösen die Spannung und wechseln zur anderen Seite.

Beispiel von Langes Bein

Das schaukelnde Dreieck

Setzen Sie sich aufrecht auf Ihre Sitzknochen und richten Sie Ihre Wirbelsäule Wirbel für Wirbel nach oben aus. Stellen Sie sich ein Dreieck vor, das zwischen den beiden Sitzknochen und dem Scheitelpunkt Ihres Kopfes verläuft. Ein Dreieck bilden Sie auch mit den Armen nach, indem Sie diese vor der Brust halten. Nun beginnen Sie, sanft vor und zurück zu schaukeln: Beim Zurückschaukeln spannt sich der Beckenboden automatisch an, beim Vorschaukeln kann er sich wieder entspannen. Diese rhythmische Bewegung trainiert das Zusammenspiel von Beckenboden, Bauch und Rücken. In einer Steigerung verweilen Sie etwas länger in der Vor- oder Rückneigung, um die Spannung bewusster wahrzunehmen und zu vertiefen.

Beispiel von Das schaukelnde Dreieck

Das schaukelnde Dreieck (Übung erweitern)

Wer noch einen Schritt weiter gehen möchte, kann mit dieser Bewegung auch das richtige Aufstehen üben: Nehmen Sie dazu einen Fuß leicht nach hinten und kommen Sie beim nächsten Vorneigen mit dem Po ein Stück vom Stuhl hoch. Halten Sie diese halbe Stehposition einen Moment und achten Sie darauf, den Beckenboden beim Aufstehen mit hochzuziehen.

Beispiel von Das schaukelnde Dreieck

Der Magnet

Für diese Übung setzen Sie sich aufrecht auf das vordere Drittel eines Stuhls, die Beine in Schrittstellung, die Knie leicht nach außen gedreht und die Hände auf den Oberschenkeln. Stellen Sie sich nun vor, Ihr Beckenboden sei der Pluspol eines Magneten, die Sitzfläche der Minuspol. Beim langsamen Vorbeugen des Oberkörpers und Verlagern des Gewichts auf die Füße lösen Sie diesen „Magneten“ behutsam, aber kraftvoll und richten sich kontrolliert in den Stand auf. Beim Hinsetzen kehren Sie die Bewegung ebenso bewusst um: Der Beckenboden hilft dabei, sanft und geführt zur Sitzfläche zurückzukehren. Achten Sie dabei auf einen geraden Rücken. Diese langsame, kraftvolle Bewegung stärkt nicht nur den Beckenboden, sondern auch die Oberschenkel – eine wichtige Unterstützung für alltägliche Bewegungen wie das Aufstehen oder Bücken.

Beispiel von Der Magnet
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Ansicht Buchcover: Mein Beckenbodenbuch

Quellenverweis:
Mein Beckenbodenbuch
Franziska Liesner
TRIAS Verlag, Stuttgart.
ISBN/EAN: 9783432105758
Fotografien: © H. Münch/Thieme .

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FAQ: Häufig gestellte Fragen zum Beckenbodentraining

  • Der Beckenboden ist ein komplexes Zusammenspiel aus Knochen, Muskeln, Sehnen und Faszien sowie faszienähnlichen Strukturen. Als funktionelle Einheit stützt er die inneren Organe, sorgt für Stabilität im Rumpf und passt sich flexibel den Anforderungen des Alltags an, zum Beispiel beim Gehen, Tragen oder Husten. Damit übernimmt er eine zentrale Rolle für unsere Haltung, Kontinenz und unser körperliches Wohlbefinden.

  • Typische Anzeichen für einen geschwächten Beckenboden sind ungewollter Urinverlust beim Niesen, Husten oder Lachen, ein Druck- oder Fremdkörpergefühl im Unterbauch, Rückenschmerzen oder ein Nachlassen des Körpergefühls im Beckenbereich. Auch häufiges Wasserlassen oder das Gefühl, die Blase nicht vollständig entleeren zu können, können Hinweise sein. Treten solche Beschwerden auf, kann gezieltes Training helfen, die Muskulatur wieder zu kräftigen.

  • Nein, Beckenbodentraining ist für alle Menschen sinnvoll – unabhängig von Geschlecht oder Alter. Zwar rückt das Thema häufig im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt in den Fokus, doch auch Männer profitieren von einem starken Beckenboden, beispielsweise zur Vorbeugung von Inkontinenz, zur Verbesserung der Haltung oder zur Unterstützung der Prostatagesundheit. Wer viel sitzt, körperlich schwer arbeitet oder Sport treibt, kann durch gezieltes Training zusätzlich entlasten und stabilisieren.

  • Idealerweise sollte der Beckenboden täglich kurz aktiviert werden. Bereits wenige Minuten am Tag reichen aus, um spürbare Fortschritte zu erzielen. Besonders am Anfang ist es sinnvoll, regelmäßig zu üben, um ein besseres Gefühl für die Muskulatur zu entwickeln. Mit der Zeit kann das Training in Alltagsbewegungen integriert werden, zum Beispiel beim Aufstehen, Heben oder Gehen. Kontinuität ist dabei wichtiger als lange Übungseinheiten.