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Zwangsstörungen – Wenn der innere Drang den Alltag bestimmt

Zwangsstörungen sind Betroffenen oft unangenehm und peinlich. Zudem können sie so viel Raum einnehmen, dass sie den gewohnten Alltag nahezu unmöglich machen. Lesen Sie hier, mit welchen Behandlungsmöglichkeiten sich Zwangsstörungen in den Griff bekommen lassen.

Was sind Zwangsstörungen?

Sicherheitsvorkehrungen gehören zum Urlaub dazu: Alle Fenster zu schließen und sicherzustellen, dass der Herd ausgeschaltet ist, bevor man das Haus verlässt, ist nicht bedenklich. Wenn man ihn aber mehrmals täglich kontrolliert und selbst unterwegs die Gedanken immer wieder um den Herd kreisen, kann dies ein Anzeichen für eine Zwangsstörung sein. Menschen mit einer Zwangsstörung haben den Drang, etwas zu denken oder zu tun, obwohl sie das gar nicht möchten und es als sinnlos oder sogar schädlich empfinden. Der Leitlinie für Zwangsstörungen zufolge müssen die Handlungen beziehungsweise Gedanken mindestens zwei Wochen lang an den meisten Tagen auftreten, um als zwanghaft zu gelten. Außerdem müssen die Zwänge als quälend erlebt werden oder Betroffene in ihrer normalen Aktivität beeinträchtigen. Dabei gibt es deutlich mehr Zwangsstörungen als die übertriebene Sorge, durch Unachtsamkeit einen Großbrand auszulösen. Die Deutsche Gesellschaft für Zwangserkrankungen e.V. unterscheidet folgende Arten von Zwangsstörungen:

  • Reinigungs- und Waschzwänge, zum Beispiel aus Ekel oder Angst vor Erkrankungen
  • Kontrollzwänge, zum Beispiel das Kontrollieren von Haushaltsgeräten
  • Wiederhol- und Zählzwänge, zum Beispiel beim Anziehen in bestimmten Reihenfolgen
  • Sammelzwänge, zum Beispiel nichts wegwerfen zu können
  • Ordnungszwänge, zum Beispiel beim Sortieren in den Schränken
  • zwanghafte Langsamkeit, weil alle Tätigkeiten exakt ausgeführt werden müssen
  • Zwangsgedanken, zum Beispiel sexueller Natur oder über die Ausübung von Gewalt

Wann und wie entstehen Zwangsstörungen?

Schätzungen zufolge leiden zwei bis drei Prozent der Bevölkerung irgendwann im Leben einmal unter Zwangsstörungen, Frauen und Männer sind gleichermaßen betroffen. Zwänge tauchen nicht selten bereits im Kindesalter auf, verschwinden aber oft auch wieder. Allerdings haben die Zwangsstörungen bei etwa einem Fünftel der betroffenen Erwachsenen schon im Kindes- oder Jugendalter begonnen. Üblicherweise sind die Symptome bis zum 35. Lebensjahr voll ausgeprägt. Übrigens: Die Behauptung Sigmund Freunds, dass Personen mit Zwangsstörungen einen höheren Intelligenzquotienten aufweisen, gilt heute als widerlegt.

Noch immer sind die Ursachen für Zwangserkrankungen nicht vollständig erforscht. So scheint die familiäre Veranlagung eine wichtige Rolle zu spielen, bedeutet jedoch nicht, dass die Krankheit auch tatsächlich ausbricht. Dafür ist offenbar das gleichzeitige Auftreten mehrerer Faktoren notwendig. So können Betroffene offenbar nicht gut mit unangenehmen Emotionen wie Aggression und Angst umgehen, weshalb sie diese mit Zwangshandlungen zu bewältigen versuchen. Außerdem scheinen bei Betroffenen bestimmte Gehirnregionen überaktiv zu sein, etwa die für fertige Verhaltensmuster und Gewohnheiten oder die für die präzise Ausführung einzelner Handlungsschritte.

Wie werden Zwangsstörungen behandelt?

Zwangsstörungen, die nicht wieder von selbst verschwinden, gelten als chronische Erkrankung und müssen behandelt werden. Zwangsstörungen lassen sich selten vollständig heilen, sich aber oft auf ein für die Betroffenen erträgliches Maß reduzieren.

Psychotherapeutische Verfahren zur Behandlung von Zwangsstörungen

Bei leichter Symptomatik kann eine alleinige Psychotherapie ausreichen. In der Psychotherapie lernen die Betroffenen, mit ihren Zwängen umzugehen. Zur Aufarbeitung stehen verschiedene Verfahren und Techniken zur Verfügung:

  • Aus dem Maßnahmenspektrum der Psychotherapie hat die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) in der Leitlinie zur Zwangsstörung die kognitive Verhaltenstherapie mit Exposition und Reaktionsverhinderung zur Therapie der ersten Wahl erklärt. Betroffene lernen, ihre Gedanken und Gefühle, die mit der Zwangsstörung verknüpft sind, zu erkennen, zu hinterfragen und neu zu bewerten. Zusätzlich werden die Betroffenen gezielt mit den auslösenden Reizen konfrontiert, während den anschließenden Zwangshandlungen nicht nachgegeben werden soll. Sie sollen also beispielsweise einen Gegenstand anfassen, ohne sich danach die Hände zu waschen.
  • Bei der Akzeptanz- und Commitment-Therapie lernen Betroffene, nicht änderbare Dinge zu akzeptieren und loszulassen.

Medikamentöse Behandlung von Zwangsstörungen

Wenn die Symptomatik stärker ausgeprägt ist, sollte die Psychotherapie mit Medikamenten ergänzt werden. In bestimmten Fällen ist auch nur eine Monotherapie mit Medikamenten möglich. Zur Behandlung von Zwangsstörungen werden Medikamente verschrieben, die auch gegen Depressionen eingesetzt werden (Antidepressiva).

  • Als medikamentöse Therapie empfiehlt die DGPPN in erster Linie die Behandlung mit sogenannten selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmern (SSRI). Diese blockieren bestimmte Rezeptoren im zentralen Nervensystem und erhöhen so die Konzentration des Botenstoffs Serotonin im Gehirn.
  • Medikament der zweiten Wahl ist der Wirkstoff Clomipramin aus der Klasse der trizyklischen Antidepressiva. Clomipramin unterscheidet sich pharmakologisch durch die starke Affinität zu Serotonin von anderen Vertretern der Klasse, ist aber keine selektiv serotonerge Substanz. Clomipramin zählt daher zu den nicht selektiven Monoamin-Rückaufnahme-Inhibitoren (NSMRI). Andere trizyklische Antidepressiva sind zur Behandlung von Zwangsstörungen nicht geeignet.

Sonstige Behandlung von Zwangsstörungen

Neben psychotherapeutischen Verfahren kommen bei Patienten mit Zwangsstörungen auch andere psychosoziale Therapieformen zum Einsatz:

  • Sport- und Bewegungstherapie
  • körperorientierte Therapien
  • Ergotherapie
  • künstlerische Therapien (Kunst-, Musik-, Tanz-, Theatertherapie u. a.)

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