Selbstfürsorge lernen

So setzen Sie gesunde Grenzen

Lesezeit: 5 Minuten
Kennen Sie Ihre individuellen Grenzen?
Grenzen setzen und mitteilen
lachende ältere Frau die Tanzend auf einer Straße läuft

Alles, was Sie über Selbstfürsorge wissen müssen

Die eigenen Grenzen kennen und anderen gegenüber einfordern, fällt vielen Menschen schwer. Doch woran liegt das? In diesem Artikel erfahren Sie, warum das Setzen von Grenzen ein wichtiger Teil der Selbstfürsorge ist, wie Sie Ihre eigenen Bedürfnisse wahrnehmen und achtsam kommunizieren.

Das Wichtigste in Kürze

  • Vielen fällt es schwer, „Nein“ zu sagen – aus Angst vor Zurückweisung oder Schuldgefühlen.
  • Grenzen sind ein zentraler Bestandteil emotionaler Selbstfürsorge. 
  • Eine klare, wertschätzende Kommunikation ist der Schlüssel, um Grenzen zu vermitteln.

Welche sind individuelle Grenzen?

Überstunden, um noch die Arbeit der Kollegen zu übernehmen, die ständigen Besorgungen für die Familie nach Feierabend oder das geduldige Zuhören bei Problemen anderer, obwohl man selbst erschöpft ist – viele Menschen gehen täglich über ihre Grenzen hinaus. Grenzen sind das Ende des persönlichen Schutzraums, an dem wir unseren individuellen Wohlfühlbereich verlassen. Sie markieren auf körperlicher, sozialer oder emotionaler Ebene, was sich für uns richtig, sicher und stimmig anfühlt und was nicht. Sie definieren zum Beispiel,

  • wann man Ruhe und Schlaf braucht.
  • das Recht auf eine eigene Meinung, Gedankenfreiheit oder geistige Erholung.
  • wie viel Nähe man in Beziehungen zulässt, wie oft man Kontakt möchte oder wie verfügbar man für andere sein will.
  • wie viel Zeit man sich selbst zugesteht, wann Pausen nötig sind oder wann man nicht erreichbar sein möchte.
  • wie viel Verantwortung, Arbeit oder Druck man tragen kann, ohne sich zu überfordern.

Diese Grenzen sind individuell verschieden, sie können sich im Laufe des Lebens verändern und hängen von vielen Faktoren ab, beispielsweise der Erziehung, Erfahrungen, der aktuellen Lebensphase oder der eigenen Belastbarkeit. Grenzen sind aber kein Zeichen von Schwäche, ganz im Gegenteil.

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Warum sind Selbstfürsorge und das Einhalten von Grenzen so wichtig?

Grenzen helfen dabei, mit der eigenen Energie zu haushalten und Überlastung vorzubeugen. Wer zum Beispiel ständig Überstunden macht, obwohl der Körper längst erschöpft ist, riskiert langfristig gesundheitliche Beschwerden. Grenzen helfen auch dabei, die eigenen Werte- und Moralvorstellungen einzuhalten. Wer in Konfliktsituationen immer zurücksteckt, statt sich zu positionieren, verliert an Selbstachtung und den Respekt anderer. Wer hingegen seine Bedürfnisse kennt und ernst nimmt, bleibt handlungsfähig – in Beruf, Familie und sozialem Umfeld. Grenzen ermöglichen also Autonomie, Selbstfürsorge und ein stabiles Selbstwertgefühl. Und: Sie schaffen Klarheit für andere. Grenzen zu setzen ist deshalb kein Egoismus, sondern ein Akt der Selbstfürsorge. 

Wichtig zu wissen: Grenzen zu setzen bedeutet nicht, dauerhaft in der Komfortzone zu bleiben. Ein Vortrag vor Publikum, ein klärendes Gespräch oder eine neue Aufgabe im Job kann herausfordernd sein. Doch wer sich weiterentwickeln möchte, muss gelegentlich über sich hinauswachsen und lernen, mit solch unangenehmen Situationen umzugehen. Entscheidend ist, sich zu fragen: möchte ich diese Herausforderung annehmen oder werde ich dazu gedrängt? Wer die eigenen Belastungsgrenzen kennt, kann bewusst entscheiden, wann ein Schritt nach vorn sinnvoll ist und wann es besser ist, innezuhalten. Nur dann wird persönliche Entwicklung nicht zur Belastung.

Wie lerne ich die eigenen Grenzen besser kennen?

Achtsamkeit  kann helfen, die eigenen Grenzen besser wahrzunehmen. Der Gedanke der Achtsamkeit stammt aus der buddhistischen Lehre, wird heute aber auch in der Psychologie und Medizin genutzt. Es geht darum, den gegenwärtigen Moment bewusst zu erleben, die eigenen Gedanken, Gefühle und Körperempfindungen wahrzunehmen und so Klarheit über das eigene Innenleben zu gewinnen. Achtsame Menschen nehmen deshalb Warnzeichen besser wahr, die oft übersehen werden: Müdigkeit, Anspannung, Unruhe, Gereiztheit, Rückzugsbedürfnis oder Überforderung.

Mann sitzt zurückgelehnt entspannt auf einem Bürostuhl und schaut in die Kamera

Achtsamkeitsübungen

Eine typische Achtsamkeitsübung ist der Bodyscan: Dabei geht es darum, die Aufmerksamkeit nach innen zu richten und alle Empfindungen zu registrieren, die dabei auftauchen. 

  1. Position einnehmen: Setzen oder legen Sie sich bequem hin. Schließen Sie die Augen, wenn es sich stimmig anfühlt.
  2. Atmung beobachten: Richten Sie Ihre Aufmerksamkeit auf Ihren Atem. Versuchen Sie nicht, ihn zu beeinflussen – einfach nur wahrnehmen, wie er kommt und geht.
  3. Körperregionen durchgehen: Wandern Sie mit der Aufmerksamkeit langsam durch den ganzen Körper, zum Beispiel von oben nach unten. Gibt es Spannung? Fühlen Sie Schmerz, Druck, Kribbeln oder Leichtigkeit? Gibt es Stellen, die sich unangenehm anfühlen oder nach Ruhe verlangen?
  4. Beobachten statt bewerten: Nehmen Sie alle Empfindungen an, ohne sie verändern zu wollen. Alles darf da sein – auch Unruhe oder Leere.
  5. Abschließen: Beenden Sie die Übung bewusst, indem Sie tief durchatmen und sich wieder dem Außen zuwenden.

Auch ein Gefühlstagebuch kann helfen, die eigenen Grenzen besser kennenzulernen. Notieren Sie täglich, wie Sie sich fühlen und in welchen Situationen sich diese Gefühle verändern. Mit der Zeit lassen sich Muster erkennen: Wann war ich erschöpft? Wo habe ich gegen mein Bauchgefühl gehandelt? Welche Situationen kosten mich besonders viel Energie? Auf diese Weise lassen sich Warnsignale frühzeitig erkennen.

Warum fällt es vielen so schwer, Grenzen zu setzen?

Die eigenen Grenzen einzufordern, ist nicht selbstverständlich. Tatsächlich tun sich viele Menschen schwer damit, „Nein“ zu sagen. Gut gemeinte Ratschläge wie „Lass Dich nicht ausnutzen“, „Sag doch auch mal nein“ oder „Du musst auch mal an Dich denken“ helfen in solchen Situationen nicht weiter, denn die Ursachen für das häufige Nachgeben sind oft tief in unserer Lebensgeschichte verankert.

Probleme, Grenzen zu setzen, haben häufig Menschen,

  • die erzogen wurden, dass Gehorsam und Gemocht werden erstrebenswert sind,
  • die Angst haben, andere zu verletzen, zu enttäuschen oder zurückzuweisen,
  • die die eigenen Überforderungsanzeichen nicht kennen oder nicht respektieren oder
  • die an sich selbst einen zu hohen Leistungsanspruch haben.
Teambesprechung - Kollegen sitzen in einem Meetingsraum und besprechen ein Thema

Wie teile ich meine Grenzen mit?

Seine Grenzen zu kennen ist das eine – sie mitzuteilen das andere. Eine klare, wertschätzende Sprache hilft, die eigenen Bedürfnisse auszudrücken, ohne Vorwürfe zu machen oder Druck auszuüben. So entstehen klare Verhältnisse, die auch in schwierigen Situationen kommuniziert werden können. Folgende Strategien können dabei unterstützen:

  • Formulieren Sie Ihre Bedürfnisse aus Ihrer eigenen Perspektive. Statt „Du bist zu laut!“ wäre das zum Beispiel: „Ich brauche meine Ruhe.“ So übernehmen Sie Verantwortung für Ihre Gefühle – ohne Vorwurf oder Schuldzuweisung.

  • Formulieren Sie ein „Nein“ auf höfliche Art und Weise. Lächeln Sie dabei und sagen Sie zum Beispiel: „Danke, dass du an mich denkst, aber ich schaffe es zeitlich leider nicht“ oder „Ich möchte das heute nicht mehr entscheiden. Ich brauche noch etwas Zeit.“

  • Grenzen setzen ist kein Machtspiel. Es geht nicht darum, sich gegen andere durchzusetzen, sondern sich mitzuteilen. Ein wertschätzender Umgang erleichtert das Gespräch und stärkt das gegenseitige Verständnis.

  • Wenn Grenzen immer wieder übergangen werden, sollten Sie freundlich, aber bestimmt auf die Folgen hinweisen. Zum Beispiel: „Wenn du mich anschreist, breche ich das Gespräch ab“ oder „Ich spreche gern weiter, wenn wir respektvoll miteinander reden“.

Perspektivwechsel: Auch Grenzen anderer respektieren

Wer achtsam mit sich selbst ist, ist oft auch achtsamer mit anderen und erkennt deren Grenzen ebenso an. Dazu gehört, dass „Nein“ anderer zu respektieren

ohne zu drängen
ohne zu überreden
ohne zu kommentieren
ohne den anderen dafür zu Verurteilen oder zu belächeln

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FAQ: Häufig gestellte Fragen zur Selbstfürsorge

  • Indem Sie bewusst wahrnehmen, was Ihnen guttut und was nicht. Achten Sie auf körperliche und emotionale Warnzeichen wie Unruhe oder Erschöpfung. Kommunizieren Sie Ihre Grenzen klar und wertschätzend. Übung, Selbstreflexion und eine achtsame Haltung stärken Ihre Fähigkeit, sich abzugrenzen.

  • Selbstfürsorge beginnt bei kleinen Entscheidungen: Pausen einplanen, ausreichend schlafen, bewusst essen, Bewegung einbauen. Auch „Nein“ zu sagen oder sich Unterstützung zu holen, gehört dazu. Wichtig ist, regelmäßig innezuhalten, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und ihnen aktiv Raum zu geben – auch im vollen Alltag.

  • Selbstfürsorge ist lernbar: durch Achtsamkeit, Reflexion und bewusste Routinen. Fragen Sie sich regelmäßig: Was brauche ich gerade? Planen Sie konkrete Zeiten für sich ein und überprüfen Sie Ihre Gewohnheiten. Je konsequenter Sie Ihre Bedürfnisse ernst nehmen, desto selbstverständlicher wird Selbstfürsorge im Alltag.

  • Achten Sie auf Ihre Gefühle und Körpersignale. Sie geben Hinweise auf Ihre Bedürfnisse. Fragen Sie sich: Was fehlt mir gerade? Formulieren Sie dann klare Ich-Botschaften wie: „Ich brauche eine Pause“ oder „Ich brauche mehr Rückzug“. Achtsame Kommunikation schützt Sie und schafft Verständnis.

  • Oft stehen erlernte Glaubenssätze im Weg, etwa: „Ich darf keine Schwäche zeigen“ oder „Ich muss es allen recht machen“. Auch Angst vor Ablehnung oder Schuldgefühle erschweren es, „Nein“ zu sagen. Wer Grenzen setzt, braucht Mut und die innere Erlaubnis, für sich selbst einzustehen.