Ein Leitfaden zur Osteoporose: Verstehen, vorbeugen und behandeln

Alles, was Sie über Osteoporose wissen müssen
Osteoporose ist eine schleichende Erkrankung, die die Knochen poröser und anfällig für Brüche macht. Frauen nach der Menopause sind besonders gefährdet, daran zu erkranken. In diesem Artikel erhalten Sie einen umfassenden Überblick über die Osteoporose und erfahren, ob sich dagegen vorbeugen lässt und wie sie behandelt wird.
Das Wichtigste in Kürze
- Bei Osteoporose ist das Verhältnis zwischen Knochenabbau und -aufbau gestört.
- In Deutschland sind sechs Millionen Menschen an Osteoporose erkrankt, davon etwa 80 Prozent Frauen.
- Die Osteoporose-Therapie richtet sich danach, wie hoch das Risiko für einen Knochenbruch ist.
Das Krankheitsbild
Gesunde Knochen sind kein starres Gebilde, das einmal entstanden ist und sich nie wieder ändert. Stattdessen sind Knochen ein flexibles Organ: Sie unterliegen einem Stoffwechsel und werden permanent erneuert. Dazu bauen bestimmte Zellen, sogenannte Osteoblasten, neue Knochensubstanz auf, während die sogenannten Osteoklasten alte Substanz abbauen. Dabei werden nicht nur kleine Risse erkannt und repariert, sondern die Knochen auch an veränderte Belastungssituationen angepasst. Nach etwa acht Jahren haben sie sich auf diese Weise einmal komplett erneuert.
Normalerweise sind Knochenneubildung und -abbau genau ausgewogen. Bei Osteoporose ist dieser Regenerationsprozess gestört: Die Osteoklasten bauen dann die Knochensubstanz schneller ab, als die Osteoblasten sie nachbilden. Als Folge verlieren die Knochen an Stabilität, sie werden porös und brechen leichter. Osteoporose ist keine seltene Erkrankung. Laut den Zahlen der „Bone Evaluation Study 2“ zur „Epidemiologie und Versorgung der Osteoporose in Deutschland“ waren 2018 etwa sechs Millionen Menschen von der Krankheit betroffen, davon etwa 80 Prozent Frauen.
Unterschied zwischen Osteoporose und Osteomalazie
Bei Osteoporose wird die alte Knochensubstanz schneller abgebaut, als neue nachgebildet werden kann. Die Knochenmasse nimmt deshalb ab, die Knochensubstanz an sich bleibt aber weitgehend normal mineralisiert. Bei einer Osteomalazie hingegen ist die Knochensubstanz unzureichend mineralisiert, weil meist aufgrund eines Vitamin-D-Mangels der Einbau von Calcium in die Knochen nicht richtig funktioniert.

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Symptome der Osteoporose
Im frühen Stadium wissen Betroffene oft nichts von ihrer Erkrankung, denn Osteoporose verursacht zunächst keine Beschwerden. Selbst Frakturen kleinerer Knochen wie der Rippen werden manchmal gar nicht bemerkt oder die Schmerzen falsch interpretiert. Erst wenn die großen Knochen so instabil sind, dass sie brechen, wird die Krankheit oft als solche identifiziert. Typisch sind dann Brüche am Oberschenkelhals, am Ober- und Unterarmknochen und am Handgelenk.
Osteoporose tritt besonders häufig an der Wirbelsäule auf. In diesem Fall sacken die Wirbelkörper in sich zusammen, wodurch Betroffene an Körpergröße verlieren und die typische Körperhaltung mit Rundrücken und einem vorgewölbten Unterbauch (Osteoporose-Bäuchlein) einnehmen. Am Rücken zeigt sich dann manchmal das sogenannte Tannenbaumphänomen. Dabei bildet die überschüssige Haut Falten, die von der Wirbelsäule ausgehend zu beiden Seiten hin abwärts verlaufen und so an einen Tannenbaum erinnern. Durch die gebückte Körperhaltung werden zudem Rückenmuskulatur, Sehnen und Bänder ungleichmäßig belastet, was häufig Rückenschmerzen verursacht. Im fortgeschrittenen Stadium sind die Knochen so instabil, dass selbst harmlose Alltagssituationen wie Husten oder das Heben von Lasten einen Bruch verursachen können.
Ursachen und Risikofaktoren
In rund 90 Prozent der Fälle ist Osteoporose hormonell bedingt und wird dann als primäre Osteoporose bezeichnet. Es gibt jedoch auch weitere Risikofaktoren, die die Entwicklung einer Osteoporose begünstigen:
Risikofaktoren der primären Osteoporose
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Bei Kindern und Jugendlichen überwiegt die Aktivität der Osteoblasten, die kontinuierlich Knochenmasse aufbauen und die Knochen wachsen lassen. Mit etwa 30 Jahren sind die maximale Knochendichte und Stabilität erreicht. Danach überwiegt die Aktivität der Osteoklasten, weshalb Erwachsene von ihrem 40. Lebensalter an jährlich etwa ein Prozent an Knochenmasse verlieren. Zudem steigt im Alter das Risiko, zu stürzen und sich zu verletzen.
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Die Knochendichte von Frauen ist selbst auf ihrem Höhepunkt rund 30 Prozent geringer als die von Männern. Der natürliche Alterungsprozess der Knochen macht sich daher bei Frauen generell schneller bemerkbar. Rapide nimmt die Knochendichte bei Frauen mit Beginn der Wechseljahre ab. Denn dann sinkt der Spiegel an Östrogen, das bis dahin die Aktivität der Osteoklasten gebremst und den Knochen vor Abbau geschützt hat. Die sogenannte postmenopausale Osteoporose ist deshalb die häufigste Form von Osteoporose.
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Alkohol hemmt die Aktivität der Osteoblasten und beeinträchtigt die Aufnahme von Calcium im Darm. Das haben Forschende der Universität Innsbruck bereits 2010 an jungen Männern belegt. Im Rausch ist zudem das Risiko höher, zu stürzen und sich etwas zu brechen.
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Knochen sind dank spezialisierter Zellen in der Lage, Muskelarbeit wahrzunehmen. Ist das mechanische Signal ausreichend hoch, werden die Osteoblasten angeregt, Calcium einzulagern und Knochenmasse aufzubauen. Das macht die schwammartig ausgebildete Knochensubstanz stabiler. Außerdem verdicken sich die äußere Schicht des Röhrenknochens sowie die Ansatzzonen von Sehnen und Gelenken. Ohne Sport fehlt das mechanische Signal für die Knochenneubildung; die Arbeit der Osteoklasten überwiegt und der Knochen wird porös. Mehr zum Thema Bewegung finden Sie hier.
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Sehr dünne Frauen mit geringem Körperfettanteil haben häufig einen niedrigen Östrogenspiegel. Fehlt außerdem eine gut ausgebildete Muskulatur, kann sie dem Knochen nicht die nötigen Impulse zum Aufbau liefern.
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Osteoporose kann auch genetisch bedingt sein. Wenn ein Elternteil oder Geschwister an Osteoporose leidet, ist das Risiko höher, ebenfalls daran zu erkranken.
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Nikotin hemmt die Funktion der Osteoblasten, vermindert die Durchblutung der Knochen und verstärkt bei Frauen den Östrogenabbau. Raucherinnen haben daher ein höheres Risiko, an Osteoporose zu erkranken, als nicht rauchende Frauen. Mehr zum Thema Rauchen finden Sie hier.
Neben der primären Osteoporose gibt es auch eine sekundäre Form. Diese kann Folge einer anderen Erkrankung sein.
Ursachen der sekundären Osteoporose
Erkrankungen, die Osteoporose entweder selbst oder durch ihre medikamentöse Behandlung auslösen können, sind beispielsweise:
- Endokrine Erkrankungen wie Schilddrüsenüberfunktion und Hypogonadismus
- Gastrointestinale Erkrankungen wie Zöliakie, Morbus Crohn und Colitis ulcerosa
- Essstörungen wie Magersucht (Anorexie) und Bulimie (Ess-Brech-Sucht)
- Rheumatische Erkrankungen wie Arthritis und Morbus Bechterew
- Krebserkrankungen wie Leukämie und Morbus Cushing
Untersuchungen und Diagnose
Der Dachverband Osteologie empfiehlt in der Leitlinie zur „Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Osteoporose“ folgenden Risikogruppen eine Basisdiagnostik auf Osteoporose:
Menschen ab 50 Jahren, die aufgrund diverser Risikofaktoren ein erhöhtes Frakturrisiko haben
Menschen ab 50 Jahren und postmenopausalen Frauen unter 50 Jahren, die sich nach einem Sturz bereits etwas gebrochen haben
Menschen, die das 70. Lebensjahr erreicht haben
Ein Besuch beim Hausarzt oder der Hausärztin kann helfen, die Beschwerden einzuordnen und Sie an eine Facharztpraxis zu überweisen.
Bei einer ausführlichen Anamnese wird der behandelnde Arzt oder die behandelnde Ärztin die Symptome abfragen und wissen wollen, wann diese auftreten. Bei einer körperlichen Untersuchung lassen sich ein entstehender Rundrücken und eine abnehmende Körpergröße erkennen. Eine Blutuntersuchung deckt eventuelle Grunderkrankungen auf, die eine sekundäre Osteoporose verursachen können. Zur Kontrolle der Knochen werden meist bildgebende Verfahren hinzugezogen. Eine Knochendichtemessung bestimmt die Qualität der Lendenwirbelsäure und des Oberschenkelhalses. Eine Röntgenaufnahme macht verheilte und bestehende Frakturen sichtbar.

Behandlung von Osteoporose
Bei Osteoporose kann das individuelle Erkrankungsstadium unterschiedliche Strategien und Therapien erfordern. So geht es bei Menschen mit einem erhöhten Fraktur-Risiko vor allem darum, das Fortschreiten der Erkrankung zu verzögern und Frakturen vorzubeugen (Sekundärprävention). Bei Betroffenen, die schon eine Fraktur hatten, sollen weitere Brüche vermieden werden (Tertiärprävention). Deshalb macht die Leitlinie die weitere Behandlung davon abhängig, wie hoch das Risiko ist, in den nächsten drei Jahren eine Fraktur zu erleiden (Drei-Jahres-Frakturrisiko). Dafür unterscheidet die Osteoporose-Leitlinie zwischen Basis- und spezifischer Therapie.
Bei einer sekundären Osteoporose steht immer die Behandlung der Grunderkrankung im Vordergrund.
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Die Basistherapie umfasst allgemeine Empfehlungen für einen knochengesunden Lebensstil und ist auch für die Gesamtbevölkerung als Osteoporose-Prävention relevant:
Sport wirkt dem Verlust von Muskelmasse entgegen und regt die Osteoblasten an, Calcium einzulagern und Knochenmasse aufzubauen. Außerdem verbessert regelmäßige Bewegung den Gleichgewichtssinn, die Reaktionsgeschwindigkeit und die Koordination und kann auf diese Weise Stürzen vorbeugen.
Die Ernährung sollte alle Wirkstoffe liefern, die die Knochen brauchen. Dazu gehört eine Versorgung mit 1.000 Milligramm Calcium pro Tag, die die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. auch gesunden Erwachsenen empfiehlt. Sehr gute Calciumquellen sind Milch und Milchprodukte. Auch grüne Gemüsearten wie Brokkoli, Grünkohl, Rucola sowie Samen und Nüsse gelten als gute Calciumlieferanten. Calciumreiches Mineralwasser (> 150 mg/l) leistet ebenfalls einen Beitrag zur Versorgung. Für die Aufnahme von Calcium aus dem Darm und seinen Einbau in die Knochen ist zudem Vitamin D nötig. Gute Quellen sind fettreicher Fisch und Aufenthalt in der Sonne. Im Winter kann nach ärztlicher Rücksprache die Einnahme eines Vitamin-D-Präparates sinnvoll sein. Auch Vitamin K und Folsäure spielen eine wichtige Rolle für die Knochengesundheit, da sie an der Regulation des Knochenstoffwechsels beteiligt sind und den Knochenaufbau unterstützen. An Protein sollten Menschen mit erhöhtem Frakturrisiko ab dem Alter von 65 Jahren täglich mindestens 1,0 g Eiweiß pro Kilogramm Körpergewicht zuführen, um die Muskelkraft zu erhalten und auf diese Weise indirekt das Sturz- und Frakturrisiko zu senken.
Im häuslichen Umfeld sollten Stolperfallen beseitigt werden, um das Sturzrisiko zu minimieren. Lose Teppiche lassen sich beispielweise mit rutschfesten Matten sichern, Kabel sicher fixieren und schwach beleuchtete Treppen gut ausleuchten. Haltegriffe im Badezimmer und rutschfeste Bodenbeläge können zusätzliche Sicherheit bieten.
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Für die Wahl der optimalen Therapie bei Männern ab 50 Jahren und bei postmenopausalen Frauen ziehen Ärztinnen und Ärzte den sogenannten Therapieschwellenwert heran. Er beziffert das Risiko, in den nächsten drei Jahren eine Fraktur zu haben.
- Liegt das Risiko für Knochenbrüche innerhalb der nächsten drei Jahre bei mehr als drei Prozent, kann eine Therapie mit Medikamenten erwogen werden, die die erhöhte Knochenabbaurate bremsen.
- Liegt das Risiko für Knochenbrüche innerhalb der nächsten drei Jahre bei mehr als fünf Prozent, kann eine Therapie mit Medikamenten empfohlen werden, die die erhöhte Knochenabbaurate bremsen oder aber den Knochenaufbau fördern.
- Liegt das Risiko für Knochenbrüche innerhalb der nächsten drei Jahre höher als zehn Prozent, kommen Medikamente zum Einsatz, die den Knochenaufbau fördern.
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FAQ: Häufig gestellte Fragen zur Osteoporose
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Osteoporose wird durch ein Ungleichgewicht zwischen Knochenaufbau und -abbau ausgelöst. Hauptfaktoren sind hormonelle Veränderungen (zum Beispiel Östrogenmangel in den Wechseljahren), Alter, genetische Veranlagung, Bewegungsmangel sowie bestimmte Medikamente.
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Osteoporose bleibt oft lange unbemerkt, da sie anfangs keine Schmerzen verursacht. Später treten Knochenbrüche bereits bei geringen Belastungen auf, besonders an Wirbeln, Hüfte und Handgelenk. Rückenschmerzen, Größenverlust, Rundrücken und ein unsicherer Gang sind ebenfalls typisch.
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Zur Vorbeugung und Behandlung von Osteoporose helfen eine kalzium- und vitamin-D-reiche Ernährung, regelmäßige Bewegung mit Kraft- und Balanceübungen sowie der Verzicht auf Rauchen und übermäßigen Alkoholkonsum. In fortgeschrittenen Fällen können Medikamente den Knochenabbau bremsen und die Knochendichte stabilisieren.
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Die beste Strategie, einer Osteoporose im Alter vorzubeugen, ist der Aufbau stabiler Knochen in der Jugend.
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