Morbus Bechterew: Ursachen, Symptome und Therapie

Alles, was Sie über Morbus Bechterew wissen müssen
Morbus Bechterew ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung, die meist im jungen Erwachsenenalter beginnt und vor allem die Wirbelsäule betrifft. In diesem Artikel erfahren Sie, welche Symptome typisch sind, wie die Krankheit diagnostiziert wird, wie sie verläuft und wie Betroffenen geholfen werden kann.
Das Wichtigste in Kürze
- Morbus Bechterew ist eine chronische entzündlich-rheumatische Erkrankung, die vor allem die Wirbelsäule und deren Verbindung mit dem Becken, das sogenannte Iliosakralgelenk, betrifft.
- Die genaue Erkrankungsursache ist nicht abschließend geklärt. Als Risikofaktoren gelten genetische Faktoren, insbesondere das Vorhandensein des HLA-B27-Gens.
- Betroffene haben zu Beginn der Krankheit meist Schmerzen im unteren Rücken oder im Gesäß, die vor allem nachts oder morgens auftreten.
Was ist Morbus Bechterew?
Morbus Bechterew ist eine chronische Erkrankung, die vor allem die Wirbelsäule und deren Verbindung mit dem Becken betrifft. In der Medizin zählt die Erkrankung zu den sogenannten Spondyloarthritiden, einer Gruppe der entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, und wird auch als Spondylitis ankylosans bezeichnet.
Morbus Bechterew beginnt meist schon in jungen Jahren, oft zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr, und verläuft in Schüben. Das bedeutet: Es gibt Phasen mit stärkeren Beschwerden, die sich mit ruhigeren Zeiten abwechseln. Morbus Bechterew gehört zu den sogenannten Autoimmunerkrankungen. Das heißt, das Abwehrsystem des Körpers greift fälschlicherweise körpereigenes Gewebe an. Die Folge sind schmerzhafte Entzündungen an den betroffenen Stellen. Besonders häufig ist bei Morbus Bechterew die Wirbelsäule betroffen. Dort entzünden sich die kleinen Gelenke und die Bänder, die die Wirbel miteinander verbinden. Der Körper versucht, die geschädigten Stellen zu „reparieren“, indem er neues Knochengewebe bildet. Dadurch kann die Wirbelsäule im Laufe der Jahre nach und nach versteifen und sich nach vorne krümmen.
Warum entsteht Morbus Bechterew?
Die genauen Ursachen von Morbus Bechterew sind bis heute nicht vollständig geklärt. Der Erkrankung liegt vermutlich eine Fehlsteuerung des Immunsystems zugrunde, bei der eine Infektion den Krankheitsprozess in Gang setzt. Sicher scheint die Annahme, dass genetische Faktoren eine Rolle spielen. Besonders das Vorhandensein des sogenannten HLA-B27-Gens steht dabei im Fokus. Wer dieses Gen in sich trägt, hat ein deutlich erhöhtes Risiko, an Morbus Bechterew zu erkranken. Dennoch entwickeln nicht alle Menschen mit HLA-B27 die Krankheit und umgekehrt erkranken auch Menschen ohne HLA-B27. Dies zeigt, dass noch weitere Faktoren eine Rolle spielen müssen. Es handelt sich um ein Zusammenspiel aus genetischer Veranlagung und äußeren Einflüssen.

Typisch für Morbus Bechterew ist, dass die Erkrankung meist im jungen Erwachsenenalter beginnt. Die ersten Beschwerden zeigen sich oft zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr. Rückenschmerzen oder morgendliche Steifheit werden anfangs häufig nicht ernst genommen oder mit einem „normalen“ Bandscheibenproblem verwechselt. Gerade bei jungen Menschen, die sportlich aktiv sind, fällt die frühe Form der Erkrankung oft nicht sofort auf. Umso wichtiger ist es, bei länger anhaltenden Rückenschmerzen ärztlich abklären zu lassen, ob eine entzündliche Ursache dahintersteckt.
Welche Symptome äußern sich bei Morbus Bechterew?
Die Beschwerden bei Morbus Bechterew können sich sehr unterschiedlich zeigen. In der Regel beginnt die Erkrankung mit tiefsitzenden Kreuzschmerzen, also Schmerzen im unteren Rücken oder im Bereich des Gesäßes. Diese treten häufig nachts oder in den frühen Morgenstunden auf und bessern sich durch Bewegung, was typisch für entzündliche Rückenschmerzen ist. Viele Betroffene berichten zudem über eine ausgeprägte Morgensteifigkeit – der Rücken fühlt sich nach dem Aufstehen oft über eine halbe Stunde lang unbeweglich und starr an.
Im weiteren Verlauf kann es zu einer zunehmenden Versteifung der Wirbelsäule kommen. Besonders im Bereich der Lenden- und Brustwirbelsäule verändert sich die Haltung: Die natürliche Krümmung im unteren Rücken (Lendenlordose) verschwindet, während sich der obere Rücken stärker nach vorn wölbt (Brustkyphose). Das Aufrichten fällt schwer, der Rücken wird rund. In fortgeschrittenen Stadien kann die Wirbelsäule sogar nahezu komplett versteifen und unbeweglich werden.
Rund die Hälfte der Betroffenen entwickelt zusätzlich Entzündungen an anderen Gelenken, zum Beispiel an Schultern, Hüften, Knien oder dem Kiefer. Auch Schwellungen und Bewegungseinschränkungen an Fingern oder Zehen können auftreten. Eine weitere häufige Begleiterscheinung ist die Achillodynie – also Schmerzen an der Achillessehne, vor allem beim Gehen oder Stehen. Die Schmerzen bei Morbus Bechterew sind meist dumpf, tiefsitzend und kommen schubweise. Viele Betroffene fühlen sich zudem erschöpft und abgeschlagen.
Bei etwa einem Viertel der Erkrankten sind im weiteren Krankheitsverlauf zusätzlich innere Organe betroffen. Am häufigsten sind Entzündungen der Regenbogenhaut am Auge (Uveitis), entzündliche Veränderungen des Darms (bis hin zum Vollbild einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung) und die Schuppenflechte (Psoriasis). Durch die zunehmende Versteifung und eingeschränkte Beweglichkeit des Brustkorbs kann in späten Stadien auch die Atmung beeinträchtigt sein (reduzierte Atemexkursion).
Unterschiede von Morbus Bechterew bei Männern und Frauen
Männer und Frauen erleben Morbus Bechterew oft unterschiedlich. Bei Männern tritt die klassische Form mit starker Wirbelsäulenversteifung häufiger auf. Frauen zeigen eher entzündliche Beschwerden an peripheren Gelenken, also außerhalb der Wirbelsäule. Diese Form wird oft später erkannt, auch weil Morbus Bechterew lange Zeit vor allem mit Männern in Verbindung gebracht wurde. Heute weiß man, dass beide Geschlechter betroffen sein können – Männer zwar häufiger, Frauen dafür oft unerkannt. Fachleute gehen deshalb bei Frauen von einer hohen Dunkelziffer aus.

Diagnose: Wie wird Morbus Bechterew festgestellt?
Im Falle von Beschwerden ist es sinnvoll, zunächst Ihre hausärztliche Praxis aufzusuchen. Ihr Arzt oder Ihre Ärztin kann nach einer ausführlichen Anamnese erste Untersuchungen veranlassen oder eine Überweisung zu einem Facharzt/einer Fachärztin ausstellen. Weil viele Symptome zunächst recht unspezifisch sein können, ist es wichtig, im Zweifelsfall weitere Untersuchungen durchzuführen. Nur so kann eine gesicherte Diagnose gestellt werden.
Eingesetzt werden häufig Röntgenaufnahmen oder die sogenannte Magnetresonanztomografie (MRT). Ein Röntgenbild kann dabei helfen, Morbus Bechterew zu diagnostizieren, weil es typische Veränderungen an den Gelenken der Wirbelsäule und des Beckens sichtbar machen kann. In einem frühen Krankheitsstadium ist jedoch die Magnetresonanztomografie zu bevorzugen, also ein Bildgebungsverfahren ohne Röntgenstrahlen, das Entzündungen an Gelenken und Knochen bereits früh sichtbar machen kann. Die MRT ist deshalb in den ersten Krankheitsjahren meist genauer, weil sie auch frische Entzündungen zeigt, die beim Röntgen noch nicht zu sehen sind. Das Röntgenbild wird aber oft trotzdem eingesetzt, um spätere Stadien zu erkennen oder andere Ursachen auszuschließen. Zusätzlich lassen sich bestimmte Laborwerte im Blut messen, etwa Entzündungsmarker wie der CRP-Wert. Auch das sogenannte HLA-B27-Gen ist häufig bei Morbus Bechterew nachweisbar.
Behandlungsmöglichkeiten: Das hilft bei Morbus Bechterew
Antirheumatika
Die Therapie richtet sich immer nach der Schwere der Beschwerden und dem individuellen Krankheitsverlauf. Bei leichten bis mäßigen Schmerzen kommen oft sogenannte NSAR, nichtsteroidale Antirheumatika, zum Einsatz. Diese Medikamente lindern sowohl Schmerzen als auch Entzündungen. Wenn das allein nicht ausreicht, können sogenannte Biologika helfen. Sie wirken gezielt im Körper, indem sie bestimmte Stoffe des Immunsystems abfangen oder blockieren und so in die Krankheitsentstehung eingreifen.
Bewegung & Ernährung
Neben Medikamenten spielt Bewegung eine zentrale Rolle. Physiotherapie hilft dabei, die Beweglichkeit der Wirbelsäule zu erhalten, Fehlhaltungen zu vermeiden und Schmerzen zu lindern. Auch körperliche Aktivitäten wie Schwimmen oder Yoga können sich positiv auf die Beschwerden auswirken. Zudem ist eine ausgewogene, entzündungshemmende Ernährung mit viel Gemüse, gesunden Fetten und wenig Zucker für das allgemeine Wohlbefinden zu empfehlen.
Eine Heilung von Morbus Bechterew ist mit den heutigen Mitteln nicht möglich, aber mit der richtigen Behandlung lässt sich die Krankheit oft gut in den Griff bekommen und der Verlauf deutlich verlangsamen. So sind regelmäßige ärztliche Kontrollen wichtig, um auch mögliche Nebenerkrankungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Leben mit Morbus Bechterew
Ein Leben mit Morbus Bechterew bedeutet Herausforderungen. Der Alltag kann oft gut gemeistert werden, wenn Betroffene aktiv bleiben und ihre Therapie ernst nehmen. Viele entwickeln mit der Zeit ein gutes Gespür für ihren Körper und wissen, wie sie mit Schüben und ruhigeren Phasen umgehen. Die Prognose ist heute deutlich besser als noch vor einigen Jahrzehnten, vor allem dank moderner Therapien. Wichtig ist, dass Betroffene selbst aktiv bleiben und sich nicht zurückziehen. Selbsthilfegruppen bieten hier eine wertvolle Unterstützung: Sie ermöglichen den Austausch mit anderen Menschen in ähnlicher Lage, geben praktische Tipps und vermitteln das Gefühl, mit der Krankheit nicht allein zu sein.
FAQ: Häufig gestellte Fragen zu Morbus Bechterew
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Morbus Bechterew ist eine chronische Erkrankung, die vor allem die Wirbelsäule und deren Verbindung mit dem Becken betrifft. In der Medizin zählt die Erkrankung zu den sogenannten Spondyloarthritiden, einer Gruppe der entzündlich-rheumatischen Erkrankungen, und wird auch als Spondylitis ankylosans bezeichnet.
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Typische Morbus-Bechterew-Symptome sind chronische Rückenschmerzen – besonders in Ruhe oder in der zweiten Nachthälfte – sowie eine morgendliche Steifigkeit, die sich durch Bewegung bessert. Im späteren Verlauf können weitere Gelenke, die Augen oder innere Organe betroffen sein.
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Die Schmerzen beginnen meist im unteren Rücken oder im Gesäß und treten vor allem nachts oder morgens auf. Typisch ist, dass sich die Beschwerden durch Bewegung bessern.
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Morbus Bechterew betrifft zwar vor allem die Wirbelsäule und die Gelenke, kann aber auch innere Organe mit einbeziehen. Am häufigsten entzündet sich die Regenbogenhaut im Auge, was zu Schmerzen, Rötung und Lichtempfindlichkeit führt. Auch der Darm kann betroffen sein, teils in Verbindung mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn. In selteneren Fällen treten Entzündungen am Herzen, an großen Blutgefäßen oder an der Lunge auf. Besonders bei fortgeschrittener Versteifung der Brustwirbelsäule kann die Atmung eingeschränkt sein. Damit zählt Morbus Bechterew zu den sogenannten systemischen Erkrankungen, die über den Bewegungsapparat hinausgehen.
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Die genauen Ursachen sind nicht abschließend geklärt. Eine große Bedeutung wird genetischen Faktoren zugeschrieben, insbesondere dem HLA-B27-Gen. Auch Umweltfaktoren oder Infektionen könnten eine Rolle spielen.
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Morbus Bechterew ist derzeit nicht heilbar. Durch moderne Medikamente, gezielte Bewegungstherapie und eine gute ärztliche Begleitung lässt sich der Krankheitsverlauf jedoch deutlich verlangsamen und die Lebensqualität verbessern. Die Lebenserwartung ist deshalb bei guter medizinischer Versorgung und konsequenter Behandlung meist nicht deutlich verkürzt. Entscheidend sind die Vermeidung und Behandlung von Komplikationen und Begleiterkrankungen.
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Neben den typischen Beschwerden an der Wirbelsäule können bei Morbus Bechterew auch Begleiterkrankungen auftreten – etwa Entzündungen an den Augen oder dem Darm. In seltenen Fällen kann das Herz betroffen sein. Die häufigsten Todesursachen bei dieser Erkrankung stehen deshalb nicht direkt mit den Rückenschmerzen in Verbindung, sondern mit Folgeerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Problemen. Regelmäßige ärztliche Kontrollen sind daher wichtig, um auch mögliche Nebenerkrankungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.